Ihr Lieben,
nachdem dieser Post schon mehrere Wochen angekündigt wurde, habe ich mir nun mal wirklich die Zeit genommen, und meine beim Stillen ins Handy getippten Stichpunkte in einen Text für euch verwurstelt.
Ich habe mich bislang ja sehr bedeckt gehalten, was die Preise meiner Sachen für den zukünftigen Online-Shop angeht. Zum einen bin ich ja selbst noch neu in der Branche und wollte keine Aussagen treffen, bevor ich mich nicht umfassend informiert habe. Zum anderen wollte ich das ganze auch mal andersrum aufrollen. Üblicherweise sieht man ja irgendwo einen Preis und ist zunächst erstmal etwas baff und DANN erst hinterfragt man, wie so etwas denn zustande kommt. Ich möchte also aufzeigen, was mit hineinspielt und damit auf den Preis schließen.
Genau so, wie ich euch ja von meiner Vision und meinen Vorstellungen für mein Label
HIER erzählt habe, möchte ich die Preisfindung ganz authentisch Stück für Stück hier mit euch auskaspern.
Natürlich gibt es zu diesem Thema schon einige Posts, auf die ich mich ganz einfach berufen könnte, aber ich habe mich entschieden, den persönlichen Aspekt der Stempelei mit einzubeziehen, sodass es doch sehr individuell ist.
Auch wenn es mittlerweile viele gibt, die gewerblich nähen, richte ich diesen Beitrag vor allem an all meine potentiellen Kunden, die keinen Einblick in die Szene haben. Ich freue mich natürlich dennoch sehr über Feedback von Kollegen - vielleicht habe ich ja etwas vergessen?
Dann steigen wir nun einmal direkt in die Thematik ein.
Ganz grob kann man sagen, dass man für ein fertiges Produkt KOSTEN und die investierte ZEIT in Rechnung stellen muss. Das klingt an sich sehr plausibel und simpel - ist aber tatsächlich so fein verästelt, dass ich feststellen musste, dass ich selbst manche Dinge nicht sofort auf dem Schirm habe, wenn ich mich frage, was ich dafür nun nehmen soll.
Also gehen wir es Schritt für Schritt durch.
Welche KOSTEN entstehen mir bei der Herstellung eines Kleidungsstückes?
Je nach Qualität und Druck können die Preise stark variieren. Da man natürlich nicht immer alles sofort im Stoffladen vor Ort bekommt, fallen oft noch Versandkosten an.
- Garn, Knöpfe, Reißverschlüsse etc.
Diese Dinge scheinen immer so nichtig, nach fast zwei Jahren Näherei kann ich aber sagen, dass da tatsächlich mehr drauf geht, als man denkt.
Mir ist es momentan nicht möglich, alle meine Schnitte zu 100% selbst zu entwerfen. Also greife ich auf Schnittmuster zurück, die ich ebenfalls käuflich erwerben muss. In manchen Fällen muss noch eine Lizenz dazu gekauft werden, die es mir erlaubt, nach dem Schnitt erstellte Kleinserien gewerblich zu vertreiben.
Um meine individuellen Stempel herzustellen, brauche ich Schnitzwerkzeug und Gummiplatten. Zum Bedrucken brauche ich Farbe.
Neben meiner Nähmaschine und meiner Overlockmaschine habe ich außerdem in eine Schneidematte, einen Rollschneider, eine sehr gute Stoffschere, Schneiderkreide und eine Druckknopfzange investiert.
Ab und an müssen beispielsweise Nadeln oder Klingen ausgetauscht werden, an der Maschine muss etwas repariert werden, eine Glühbirne geht kaputt.. Wie überall im Leben: irgendetwas ist immer.
Nähmaschinen laufen bekanntermaßen nur mit Strom. Den brauche ich für meine beiden Maschinen und für das Bügeleisen. Licht zum Arbeiten. Außerdem benötige ich Wasser zum gründlichen Reinigen der Stempel.
Neben den Etiketten mit meinem Logo fallen mir ebenfalls Kosten an für das Etikett zur Material- und Größenangabe (ersteres ist sogar rechtlich vorgeschrieben).
Diesen Punkt könnte man nochmal unterteilen, denn zum einen muss man eine kostenpflichtige Verpackungslizenz erwerben, zum anderen geht es um den ästhetischen Teil der versendeten Ware.
Wer Kleidung zum Verkauf herstellt, braucht einen Gewerbeschein. Egal, ob man 3 oder 30.000€ Umsatz macht - das Gewerbe gehört angemeldet, ansonsten handelt man rechtswidrig und muss mit hohen Strafen rechnen. Gegebenenfalls fällt noch ein jährlicher Betrag für die Handwerkskammer an.
Biete ich mein Produkt auf einer Verkaufsplattform wie Dawanda oder Etsy an, fällt hierfür ebenfalls eine Einstellgebühr und im Falle des Verkaufs eine Provision an. Je nach gewählter Zahlungsoption kommen eventuell noch Paypalgebühren hinzu.
Auch Visitenkarten, Postkarten und Flyer sind Posten, die für ein erfolgreiches Gewerbe anfallen.
Um die Produkte auch ansprechend präsentieren zu können, habe ich mir zwei Softboxen gekauft. Die gute Kamera hatten wir zum Glück schon im Haus, ebenso wie ein Stativ. Die Anschaffung einer Leinwand und gewissen Foto-Props ist ebenso sinnvoll wie eine Schneiderpuppe. Eventuell braucht man auch noch ein Fotobearbeitungsprogramm.
Puh. Schon eine unglaublich lange Liste, oder? Natürlich fällt für ein Kleidungsstück von vielen Posten nur ein Bruchteil an. Wenn man diese dann zusammenrechnet, käme man wohl auf Preise, die sehr human wirken. Beziehungsweise Preise, die den Anschein wecken, dass man eine Menge Gewinn machen kann.
Denn der wichtigste Faktor ist gar nicht mit einberechnet: Die ZEIT.
- Stoffe und sonstige Materialien bestellen
Klingt immer nach einem Heidenspaß. Juchheee, ich darf Stöffchen shoppen! Tatsächlich empfinde ich es mittlerweile aber wirklich als Arbeit, da ich gesehen habe, wie viel Zeit dabei drauf geht. Besonders, wenn man, wie ich, überwiegend Uni-Stoffe vernäht. Man vergleicht neben den Preisen die Materialzusammensetzung, die Grammaturen (Aussage über die Festigkeit), die Stoffbreite ebenso wie die Farbauswahl und die Versandkosten auf verschiedenen Webseiten, bevor man sich dann letztlich entscheidet, eine Bestellung abzuschicken.
Manche Dinge bekommt man natürlich auch im Stoffladen um die Ecke oder auf dem Stoffmarkt - aber auch da muss man erstmal hin.
Die Stempeldesigns sind alle meine Ideen. Manche sind natürlich wenig aufwendig zu zeichnen und zu schnitzen - andere dafür schon. Es wird also gezeichnet, übertragen, geschnitzt, probiert und so lange angepasst, bis mir das Stempelbild zusagt.
In der Regel bestempel ich gleich größere Flächen. Oft experimentiere ich so lange mit Farben herum, bis ich den passenden Ton getroffen habe. Dann kommt der eigentliche Druck, dann die Reinigung der Materialien und schließlich die Fixierung des Druckes.
Hier muss entweder ein Schnitt gekauft, ausgedruckt und in allen Größen abgepaust, oder selbst entworfen werden. Viele meiner Schnitte mache ich auch selbst - was natürlich sehr aufwendig ist und nicht immer sofort den gewünschten Erfolg bringt. Wenn es dann passt, wie es soll, muss der Schnitt noch für sämtliche Größen angepasst werden, die ich anbieten möchte.
Das gewünschte Teil muss in gewünschter Größe mit gewünschtem Stoff zugeschnitten werden.
Versteht sich von selbst, denke ich. ;)
In diesem Schritt werden das eigene Label, die Materialangaben und die Größe angebracht. Bereitet man sich auf einen Markt vor, muss die Ware auch noch mit Preisen versehen werden.
Ohne aussagekräftige Fotos wird man sicher wesentlich weniger verkaufen. Also müssen die Sachen in diesem Schritt in Szene gesetzt werden und bestenfalls auch am Modell fotografiert werden. Die Fotos müssen dann noch entsprechend bearbeitet werden (mit Wasserzeichen versehen etc).
Auch eine Sache, die so einfach klingt, tatsächlich aber eine ganze Menge Zeit frisst. Für jeden Artikel muss schließlich auch noch eine Beschreibung verfasst werden, der man es anmerkt, wenn sie zwischen Tür und Angel geschrieben wurde.
Der eine möchte darauf hinweisen, dass sein Kind noch einen zu berücksichtigenden Kugelbauch hat, der andere wünscht eine Beratung und wieder einer hat aus Versehen die falsche Versandadresse angegeben.
Es ist mir wichtig, dass die Ware liebevoll und ästhetisch verpackt bei euch ankommt. Das kostet natürlich mehr Zeit, als etwas in einen Umschlag zu stecken. Zum Schluss wird das Versandlabel erstellt und alles zur Post gebracht.
Damit ist meine Arbeit aber tatsächlich noch immer nicht getan. Ich muss akribisch festhalten, wann ich welche Einnahmen und Ausgaben hatte, muss einmal im Jahr eine Steuererklärung machen, Rechnungen schreiben..
Sicherlich ist dieser Teil der Arbeit ein auch angenehmer - aber gemacht werden muss er wie alle anderen. Die Kunden wollen über Neuerscheinungen ebenso auf dem Laufenden gehalten werden, wie über Rabattaktionen und Gewinnspiele.
Gar nicht so ohne, oder?
Wenn das alles so aufwendig ist, wie ich es bis hierher beschrieben habe, müssten jetzt die einen oder anderen hier große Fragezeichen auf den Augen haben. Denn ich bin mir sicher, dass mittlerweile jeder jemanden kennt, der auch näht und das alles viel günstiger kann. Damit habt ihr definitiv recht. Aber ihr solltet bedenken, dass die Rechnung eben nur aufgeht, wenn man Faktoren weglässt.
Man KANN sehr günstig NUR produzieren wenn man bespielsweise:
- sehr günstigen Stoff vernäht.
- nicht sauber und gewissenhaft arbeitet.
- schwarz arbeitet und sämtliche Gebühren damit umgeht.
- man keinen Wert auf die Präsentation legt.
- man keine eigenen Ideen umsetzt.
- sich und eventuellen Mitarbeitern keinen angemessenen Lohn zahlt.
Hege ich einen Groll gegen diejenigen, die zu Spottpreisen und schwarz verkaufen? Nein. Ich bin der Meinung, dass jeder Käufer in der Lage ist, nachzufragen, ob der Verkäufer ein angemeldetes Gewerbe hat. Ich möchte auch nicht ausschließen, dass es manchen genügt, einen Loop oder eine Pumphose nach gekauftem Schnitt mit einem beliebten Stoff genäht zu bekommen. Schon allein dadurch, dass es sich ja scheinbar verkauft, haben auch diese Verkäufer ihre Daseinsberechtigung (dass es rechtswidrig ist, ist deren Risiko.). Allerdings macht es mich traurig, wenn der Käufer alle oben genannten Punkte UND einen erschreckend niedrigen Preis möchte. Es überrascht nicht - schließlich haben Geschäfte wie Primark nicht umsonst Erfolg. Und auch damit will ich gar keine Diskussion zu dieser Kette lostreten - auch wir besitzen das ein oder andere Stück von Primark. Aber ich weiß eben auch, worauf ich mich einlasse und finde es unnötig, mich dann über den Geruch oder die Haltbarkeit zu beschweren. Genauso wird ja auch keiner zu Chanel gehen und sich über den Preis beschweren. Wobei, ich unterschätze die Mentalität der Menschen hier wahrscheinlich - beschweren geht immer. :D
Was ich sagen will: Wer zu Spottpreisen verkaufen möchte, soll das doch auch tun. Auf kurz oder lang wird es sich im handmade-Business nicht durchsetzen.
Natürlich ist es für all jene sehr schade, die sich an die Regeln halten, gute Arbeit abliefern und dann auf selbiger sitzen bleiben. Wer letztes Jahr noch sehr erfolgreich war und zu Weihnachten guten Umsatz verbuchen konnte, musste 2014 vielleicht das Gewerbe sogar abmelden. Auch ich gehe dieses Risiko natürlich ein, dessen bin ich mir bewusst. Eine Garantie, dass es läuft, kann mir keiner geben.
Was ich aber tun kann: Gute Arbeit abliefern, meine Kreativität umsetzen und dem Markt etwas bieten, was andere vielleicht nicht können. Oder könnten - aber nicht machen. Denn ich weiß auch, dass ich mit meiner Stempelei das Rad nicht neu erfunden habe. Dennoch habe ich im letzten halben Jahr unglaublich viel dazugelernt und bin noch längst nicht am Ende meiner Ideen.

Nach der oben aufgeführten Rechnung kämen wir auf Preise, die auch ich nicht zahlen würde. Waaaaaaas, wie kann sie so etwas sagen? Versteht mich nicht falsch. Ich weiß Handarbeit zu schätzen und ich habe auch kein Problem damit, in das ein oder andere Produkt von Kolleginnen zu investieren, wenn es mir gefällt. Aber ich bin eben auch noch Studentin und habe nicht das Budget, um meine Kinder komplett so einzukleiden. Auch alles selbst nähen ist entgegen weit verbreiteter Annahmen NICHT günstiger - denn es dauert eben. Ich möchte euch also Sachen fertigen zu Preisen, die niedrig genug sind, um bezahlt werden zu können - von JEDEM, wenn er es will - und hoch genug, um mich nicht komplett auszubeuten.
Und was ist mit der Differenz?
Die lege ich quasi oben drauf. Mein Geschenk an euch auf eine Art und Weise. Und ich liebe schenken! Und auch ein Geschenk an mich selbst - denn ich brauche den kreativen Prozess als Ausgleich für meine mentale Gesundheit. Ist letztlich immer noch günstiger als eine Therapie. Haha.
Und nun genug gelabert, Fakten auf'n Tisch:
Das Fuchsshirt, das in mint und koralle in den Shop ziehen wird, wird für die Größen 68-86 24€ kosten. Das ist ein relativ durchschnittlicher Preis, den ich angemessen finde. Der Schnitt ist zwar selbstgemacht, aber nicht so aufwendig. Es handelt sich um Jersey, der nicht bio-zertifiziert ist und das Shirt hat keine Kapuze. Niedriger gehe ich nicht, weil das Design meine eigene Idee ist (minimalistische Interpretation eines Fuchskopfes). Wäre es gefüttert, mit Kapuze, bestempelt oder aus einem anderen Material wie Sweat, wäre der Preis entsprechend höher. Aufgrund des unterschiedlichen Stoffverbrauchs ist das Shirt in Größe 92-110 2€ teurer.
Und falls sich jetzt jemand fragt, warum ich mir die Mühe mache, das hier alles kleinlichst niederzuschreiben, um dann doch nur einen durchschnittlichen Preis zu verlangen: Es geht mir um die Wertschätzung. Wenn nur die Hälfte derer, die das hier liest, etwas informierter den Blog verlässt und über Dinge nachgedacht hat, die ihm vorher eher fremd waren - genau dann hat sich die Arbeit des Schreibens schon gelohnt.
So. Ich hoffe, ihr konntet einigermaßen folgen. Ich freue mich sehr auf den Shop, der dann öffnen wird, wenn ich so weit bin. Ich stresse mich nicht.
Auf hoffentlich bald in einem Verkaufsgespräch! :)
Eure Caro aka Madamelinae